Jubiläum: 150 Jahre „Erste Düsseldorfer Börsenversammlung“
Am 18. Januar 1875 fand die erste Düsseldorfer Börsenversammlung im Rittersaal der (alten) Tonhalle statt. Ein kurzer historischer Abriss über die Gründung des Börsenvereins und die ersten 50 Jahre der Börse Düsseldorf:
Bereits 1853 entwickelte sich in Düsseldorf aus dem Getreidemarkt eine Zentralhandelsbörse. Um die Mitte der 1860er Jahre verzeichnete Düsseldorf die ersten börsenmäßigen Umsätze in Wertpapieren. In die bewegte Gründerzeit fiel 1874 die Errichtung eines Börsenvereins. Ins Leben riefen ihn die gleichen Männer, die wenige Jahre zuvor den stark beachteten „Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen“ gegründet hatten: William Thomas Mulvany und Henry Axel Bueck sowie Bankier Christian Trinkaus und der Handelskammerpräsident Gustav Bloem.
Diese hervorragenden Wirtschaftsführer standen dem Düsseldorfer Börsenverein nicht allein zu Gevatter, sie haben ihn auch noch lange Jahre danach mit Umsicht und Tatkraft glücklich durch alle Fährnisse der an Wirren reichen Zeiten gelenkt. Bleibende Verdienste um den Börsenverein erwarben sich ebenso C. Lueg, F. Boettrich, A. Flender, E. Schrödter und Dr. Brandt.
Erst in späteren Dezennien kam der Name „Montan-“ oder „Bergwerksbörse“ auf, der die Sonderstellung Düsseldorfs wie auch Essens im Kreise der deutschen Börsen unterstrich. Diese Verankerung war nicht von Anfang an der bestimmende Wesenszug der Börse zu Düsseldorf. Als der Börsenverein am 18. Januar 1875 seine erste Börsensitzung abhielt, spannte er Ziel und Zweck viel weiter. Der Verein sollte allen an Industrie, Handel und Gewerbe Interessierten Gelegenheit zur Aussprache, zum Austausch von Ideen, Erfahrungen und Anregungen bieten.
Aus den zwanglosen Zusammenkünften einiger Interessenten ohne feste Richtlinien und Handelsgebräuche wurden im Laufe der Jahre regelmäßige Börsenversammlungen, aus denen sich bald Usancen für den börsenmäßigen Geschäftsverkehr entwickelten. Im Jahre 1880 waren als wichtigste börsengängige Werte umschrieben: „Mobile Werte als Kuxe, Aktien und Obligationen, sodann Getreide, Saaten, Spiritus, Öl und Fett, Felle, Häute, Leder und Wolle, Webstoffe und Manufakturen, Kolonialwaren, Drogen und Chemikalien, Tabak und Glas, Kohlen und Erze, Baumaterialien.“
Düsseldorf war damit zu Beginn eine ausgesprochene Warenbörse. Sie zählte bereits bei ihrer Entstehung über 300 Mitglieder. Im Jahre 1880 wurde die erste „Börsenordnung“ und „Maklerordnung“ erlassen. Am 18. Juni 1884 erhielt die Börse durch Genehmigung ihrer Ordnung staatliehe Anerkennung und amtlichen Charakter. Regierungskommissar wurde der Vorsitzende des Börsenvereins und vormalige Mitbegründer Christian Trinkaus. Aus der lockeren Börsenvereinigung entstand eine festgefügte Börse. Immer mehr trat jedoch die Produktenbörse zurück, und Düsseldorf entwickelte sich Schritt für Schritt zu einer Effektenbörse mit dominierendem Montaneinschlag. Außerdem wurden in zunehmender Zahl Kaliwerte gehandelt.
Im Zuge ihres Wachstums wechselte die Börse ihren Versammlungsort mehrfach. Nacheinander fanden die Sitzungen in den Räumen des Hotels Heck, der Tonhalle und des Rheinhofes statt. Nach 1911 hospitierte die Börse bei der Gesellschaft zur Ludwigsburg, bis sie 1924 in ihren neuen Sitz im Hochhaus „Wilhelm-Marx“ übersiedeln konnte. Ein glücklicher Zufall fügte es, dass ein lang gehegter Wunsch der Börsenbesucher sich just in dem Jahre erfüllte, in dem die Börse das Jubiläum ihres fünfzigjährigen Bestehens feiern konnte.
In diesem halben Jahrhundert hatte sich die Düsseldorfer Börse zu einem gewichtigen Wirtschaftsfaktor des Reviers emporgearbeitet. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Eisen- und Kohlenbörse wieder und die Schrottbörse neu ins Leben gerufen. Eine weitere Ausweitung des Aktionsbereichs erfolgte durch die Aufnahme der nichtamtlichen Notierung von Devisen. Der Börsenverkehr selbst belebte sich dermaßen, dass Ende 1921 die amtlichen und nichtamtlichen Notierungen getrennt wurden. Im Jahre 1924 notierte die Börse 182 Werte, davon 66 Kuxe, 71 Aktien aus dem Bereiche des Kohlen-, Kali- und Erzbergbaus, ferner 45 Obligationen von Industrieunternehmen und öffentlichen Körperschaften.
Im Zuge der umfassenden Konzentration der Montan und Kaliindustrie wurde Düsseldorf zu einem der Brennpunkte des wirtschaftlichen Geschehens im Revier. Hier domizilierten gewichtige Gebilde der deutschen Industrie und residierten die Verbände bedeutender Wirtschaftsgruppen. Zu nennen sind in erster Linie der Stahlwerksverband, der Verein deutscher Eisengießereien, der Verein deutscher Eisenhüttenleute, der Verein deutscher Maschinenbauanstalten, die Röhrenvereinigung, der Drahtverband und der Verein Deutscher Zementwerke. Düsseldorf wurde Sitz der Vereinigten Stahlwerke, des führenden Stahltrusts Europas und größten Konzerns Deutschlands. Die Stadt erlangte das eindeutige ökonomische Übergewicht im nordwestdeutschen Raum. Hand in Hand damit trat die Börse zu Düsseldorf unaufhaltsam in den Vordergrund.
Gemälde „An der Börse“ von Ferdinand Brütt, Düsseldorf, 1888
Alte Tonhalle auf der Schadowstraße 1863-1888
Neubau Tonhalle auf der Schadowstraße ab 1892
Rittersaal im Neubau Tonhalle – Foto von 1910